Kurz
vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wandelte sich
die Strategie der deutschen Filmindustrie: Um der
amerikanischen Konkurrenz Paroli zu bieten, schwenkte
man um auf die Produktion einheimischer Revuefilme.
Und fand ausgerechnet zu einer Zeit, als Deutschland
sich vor kulturellen Einflüssen anderer Nationen
systematisch abschottete, in dem Niederländer
Heesters, der Schwedin Zarah Leander oder der Ungarin
Marika Rökk, adäquate Interpreten des
auf heimische Verhältnisse zugeschnittenen
Filmgenres. "Hallo Janine" (1939) hieß eine jener
Verwechslungskomödien, in der Heesters einen
Grafen spielt und von einem Revuegirl ( Marika Rökk
) zur Strafe für seine amourösen Eskapaden
in eine Liebesfalle gelockt wird. Waren Heesters
und Rökk bereits in "Der Bettelstudent" und
"Gasparone" Filmpartner, galten beide fortan als
Traumpaar des deutschen Revuefilms. Eine Auseinandersetzung
um die ungleiche Verteilung von Gesangsnummern in
"Hallo Janine" soll übrigens Grund dafür
gewesen sein, daß Heesters und Rökk bis in
die 50er Jahre getrennte Wege gingen.
In
"Immer nur Du" (1941), ein Film, der in Anlehnung
an seinen berühmten Schlager auch den Alternativtitel
"Man müßte Klavier spielen können" erhielt,
zeigt Heesters einen Hang zur Selbstironie, spielt
er doch mit seiner Partnerin Dora Komar eine konkurrierendes
Sängerehepaar, das private wie berufliche Zwistigkeiten
bevorzugt in musikalischer Form austrägt. Bisher
war fast ausschließlich vom Musikfilmstar die Rede.Viktor
Tourjanskys "Illusion" ( 1941 ) zeigt, daß Heesters
auch im Charakterfach eine gute, wenn auch damals
seltene Besetzung war. Hier ist es ausnahmsweise
eine Frau (Brigitte Horney), die mit den Gefühlen
des von Heesters dargestellten Protagonisten spielt
und ihre Liebe zum Gegenstand einer Wette macht.
Sieht man von seiner physischen Präsenz ab,
was machen rückblickend Ausstrahlung und Popularität
von Johannes Heesters aus? Seine Tochter Nicole,
ebenfalls Schauspielerin, hat dazu in einem Fernsehinterview
etwas sehr Schönes, Treffendes gesagt: Es sei
seine Ausstrahlung charakterlicher Sauberkeit, die
Heesters zum Publikumsliebling gemacht habe. Tatsächlich
haben Negativfiguren wie der zynische Karrierist
Georges Duroy in Louis Daquins "Bel ami, der Frauenheld
von Paris" ( 1954/55 ) Seltenheitswert bei Heesters.
Sagt
es da nicht eine Menge über Ehrgeiz und Ziele
dieses Schauspielers aus, daß er einen gewissenlosen
Dandy wie "Bel ami " als Lieblingsrolle bezeichnet,
und nicht etwa Graf Danilo aus Lehárs "Lustiger
Witwe", den "Graf von Luxembourg" oder gar Millöckers
"Bettelstudent"? Obwohl unzählige Male in musikalischen
Komödien und Lustspielen zu sehen, galt Heesters
doch nie als Komiker. Die pikante Salonkomödie
französischer Provenienz war eher sein Fach,
ebenso das trockene Unterspielen komischer Situationen.
Waren kräftige humoristische Töne gefragt,
traten Partner wie Hans Moser ("Rosen in Tirol",
1940 ), Theo Lingen ("Es fing so harmlos an", 1943/44
) oder Paul Kemp auf den Plan. Jene Qualitäten,
die Heesters zum Filmstar gemacht hatten, kamen
ihm speziell nach Kriegsende zugute. Nie hat er
sich einseitig auf die Filmarbeit festgelegt, unternahm
parallel Tourneen mit Friedrich Schröders "Hochzeitsnacht
im Paradies" oder Emmerich Kálmáns "Gräfin
Mariza" ( eine Operette, die Heesters 1938 mit einem
Ensemble aus jüdischen Emigranten in den Niederlanden
aufgeführt hatte ). So hatte die Bühne
dem fulminanten Herzensbrecher alles in allem auch
reizvollere Möglichkeiten zu bieten als das
deutsch-österreichische Nachkriegskino. Frei
nach dem Motto "Sie küßten und sie schlugen
sich" tat sich Heesters mit dem "ungarischen Wirbelwind"
Marika Rökk erneut zu Produktionen wie "Die
Czardasfürstin" (1951 ), "Die geschiedene Frau
" ( 1953 ) oder "Bühne frei für Marika"
(1958 ) zusammen.Operetten- wie Revuefilm als Terrain
beider Stars waren jedoch inzwischen von Musical,
Rock´n Roll und Jazz überholt worden. Eine
Entwicklung, die den endgültigen Übertritt
von Heesters ins Fach des "Père noble" motivierte.